Montag, 26. April 2010

Olsztynek Teil 2: Skansen

Auf dem Holzschild stand: Skansen.
Und nach ein paar Hundert Meter war denn auch dieses "Skansen" erreicht.

Der Begriff beschreibt ein Freilichtmuseum, also einen polnischen Ballenberg.
In diesem Ethnografischen Park von Olsztynek waren Häuser und und andere Bauten aus dem 18. bis 20. Jahrhundert anzuschauen. Die meisten waren Bauernhäuser von einfachen Menschen. Es gab auch Wirtshäuser, eine  Kirche und Windmühlen, die damals unter anderem aus den Niederlanden importiert wurden.

Wir besuchten den Park am ersten Eröffnungstag und deswegen waren noch nicht alle Gebäude zugänglich.

Die Dorfkirche sieht stattlich aus und besteht fast nur aus Holz:






Leider war die Kirche geschlossen, wir verpassten die vielfältigen Wandmalereien im Inneren.
Manche Bauernhäuser erinnerten mich an unser altes Haus in Schüpbach wegen dem Rieg in den Wänden:






Je nach Region waren die Häuser innen recht dunkel und hatten nur wenige und kleine Fenster, andere wiederum waren hell und freundlich.
Die typische Einrichtung einer Küche:






Ganz angenehm waren auch die die Tiere, die sich frei bewegen durften. So entdeckten wir einen Stall, in dem es eindeutig roch und erst einige Zeit später trafen wir auf dessen Einwohner:






Viele Hühner, Kaninchen, auch Fasane und Gänse kreuzten unseren Weg. Im Sommer gibt es dann sicher noch viel mehr Tiere im Park.

Um Dir einen Überblick zu geben, aus welchem Gebiet diese Bauten stammen, habe ich Dir einen Link vorbereitet. 
Auf diesem Kartenausschnitt befand sich unterhalb von Gdańsk das " Gebiet unterhalb der Weichsel". Östlich davon beginnt das Ermland und Masuren. Im heutigen Kaliningrad war um diese Zeit das Samland und ganz im Osten Kleinlitauen.

So, fertig mit der Geografiestunde! Sei froh, dass Du diese vor Deinem PC hattest und nicht wie die Schüler damals in einem solchen Schulzimmer:






Als wir den Park verliessen, besuchten wir noch ein grosses Gasthaus beim Eingang des Parkes und assen dort leckere polnische Speisen.
Müde, satt und befüllt mir Erlebnissen nicht nur vom Park, sondern auch von der Glasbläserei, erwischten wir den Kleinbus nach Hause zurück.



(Altes von Johnny Cash - The Man Comes Around und Solitary Man)

Freitag, 23. April 2010

Multifunktionelles Gemüse

Nachts, wenn der Einbrecher kommt, er die Haustüre unten zur Strasse öffnet, danach schleichend den zweiten Stock betritt und sich an die unsrige Vorwohnungstür heranmacht, dann braucht er nur noch die DRITTE, unsere richtige Wohnungstür aufzubrechen und wir könnten ihn hiermit glatt erschlagen:




Dieser Spinat ist wirklich multifunktionell.
Dank seiner flachen, eckigen Form und durchgefrohrenheit




lässt er sich alternativ als Einbrecherschreck, Tischtennisschläger oder als kühlendes Rückenpflaster zweckentfremden.

Ach ja, heute Abend wurde er angebrochen und schmeckte uns vorzüglich.

Montag, 19. April 2010

Olsztynek Teil 1: Die Glasbläserei

Es stand eine Reise an.
Das Ziel war mir erst unbekannt, wurde aber sofort erkannt, als wir in den Kleinbus einstiegen.
Die Fahrt ging von Olsztyn nach Olsztynek, einer kleinen, verschlafener Stadt südlich von Olsztyn.

Kurz vor dem Ortseingang stiegen wir aus und auf der gegenüberliegenden Strassenseite befand sich unser erster Besuchspunkt: Eine Glasbläserei.
Begrüsst von einem Hund und der Besitzerin warfen wir zuerst einen Blick in den Verkaufsraum.
Nein, es war keine ordinäre Trinkglasbläserei oder so was ähnliches, es war eine kreative, kleine, aber feine Manufaktur.
Wir staunten über die Vielzahl und Vielfalt der Kunst, die uns präsentiert wurde:
Engel, Vögelchen, Fische, Schwäne, Elefanten, Katzen, Früchte, Serviettenhalter, Blumen, Vasen, Gläser, Becher, Krüge, Fläschchen...
Besuche die Homepage von der Glasbläserei und schaue dir das Angebot an, es sieht wunderbar aus. Unterhalb vom Text "SZKŁO" findest du die links zu den vielfältigen Kunstwerken.

Nachdem wir uns vom Bestaunen wieder etwas gesammelt haben, durften wir die Werkstatt besuchen und wurden von vier rüstigen, leicht bekleideten Herren begrüsst.
Das Glasblasen war im vollen Gange und es wurden gerade Äpfel und Birnen hergestellt.
Hier bekommt ein Apfel einen Stiel aufgesetzt:




Mit einem Klecks flüssigem Glas...




...und einer ruhigen Hand...




...entsteht ein Blatt, das jetzt nur noch zurechtgebogen werden muss...




Ja, die Herren sind alle zufrieden mit dem erschaffenen Apfel:




Warum sie so leicht gekleidet arbeiten?
Beim Eingang stehen zwei Ventilatoren und weitere sind im Raum untergebracht. Es herrschten im Raum gut und gerne über 50° Celsius und bei den Öfen war es noch wärmer. Desswegen arbeiten sie auch im Winter im leichten Hemd und in kurzen Hosen.

Es war ja klar, wer dann am Schluss noch zum Glasblasen geholt wurde:





Ich kriegte eine kleine Kugel am Stiel in die Hände gedrückt mit der Ermahnung, immer brav zu drehen, nur wenig Luft hinein blasen und ja nicht ziehen!
Es gelang mir alles, nur gab ich etwas zu viel Luft und der Meister war dann nicht ganz zufrieden mit mir.
Aber als Anfänger habe ich mich, denke ich, ganz gut geschlagen.

Ganz ausser Atem von der Aktion, durften wir uns noch das Apfellager anschauen. Dieser Ofen hatte "nur" ca. 500° Celsius, gegenüber dem Schmelzofen mit seinen 1100° Celsius, und dort wurden die frisch geblasenen Kunstwerke gute acht Stunden zwischengelagert, bevor sie dann endgültig gekühlt werden.




Ende des Besuches stiess meine Aufmerksamkeit auf eine witzige Maschine, die etwas Abseits stand und leider nicht im Betrieb war.




Das Glas wird oben eingespannt und unten auf dem Teller sind rotierende Gasdüsen befestigt, die das überschüssige Glas sauber trennen und mit ihrer Hitze einen sauberen Rand brennen.

Verschwitzt und prallvoll mit den Eindrücken verabschiedeten wir uns von allen und nahmen den Weg zurück über die Strasse. Dort erblickten wir das grosse Holzschild, das uns der Weg in eine Ausstellung der besonderen Art wies. Doch darüber im zweiten Teil.


(Akustisch ins Ohr geblasen von Gorillaz - Demon Days und Apocalyptica - Cult)

Der Frühling beginnt... jetzt!

Vor dem Unigebäude, wo Joanna studiert, stehen zwei Magnolienbäume und blühen!
Natürlich durfte ich mir das nicht entgehen lassen




Ein wunderschöner Anblick






(Mein Frühling mit Amon Tobin - Easy Muffin, Aim feat. Kate Rogers - Sail (Rae & Christian Remix))

Sonntag, 11. April 2010

Kuriosum: Polnische Strassennamen

Wir wohnen an der folgenden Strasse:




das ist unsere Hausnummer (eigentlich 61/6A):




Und das ist eine Hausnummer etwas weiter vorne auf der gleichen Strasse:




Was soll das ganze? Dient diese Dividierung zur Verwirrung der Bewohner oder gar deren Besucher? Oder möchte man die Touristen abschrecken, sich in der Stadt eine Wohnung zu kaufen?
In der polnischen Sprache enden weibliche Vornamen und weibliche Substantive immer mit A. Aber wieso sollte denn ein Dichter und Denker wie Adama Mickiewicza keine Frau sein?
Ich gebe gerne Entwarnung und Erklärung zu diesem witzigen, aber wichtigen, Kuriosum.

In Polen sind die Briefkasten nicht mit dem Namen angeschrieben, sondern mit einer Nummer.
Das vereinfacht das Postverteilen in einem Wohnblock mit Dutzenden von Wohnungen.
In Jeziorany haben wir die Hausnummer 4/1, Hausnummer 4 und die Wohnung 1. Auch wenn in diesem Haus nur zwei Familien wohnen, wird nie der Name auf den Briefkasten oder auf die Klingel geschrieben. Der Briefträger hätte doppelten Stress, weil, hätte er die Namen auf der Tür, müsste er noch auf den Briefen die deklinierten Namen entziffern und dann den richtigen Briefkasten treffen. So kann er ruhig nach Nummer Briefe einwerfen.
Hier in Toruń haben wir die Hausnummer 61/6A. Hausnummer 61 und die Wohnung 6A.
Das A bedeutet wiederum, dass auf unserem Stockwerk, auf unserer Seite zwei Wohnungseingänge sind und die nochmals mit A und B unterschieden werden.

Die Deklinierung der Strassennamen hat auch mich bei meinen ersten Besuchen verwirrt. Aber es ist ja schliesslich die Strasse DES Adam Mickiewicz. Danke, du Genitiv, du.

(Ein Stück Heimat im Ohr von MiNa - Playground Princess und Live and B-Side U)

Samstag, 10. April 2010

Aus aktuellem Anlass

Der polnische Präsident Lech Kaczyński ist heute Morgen bei einem Flugzeugunglück verstorben.
Mit ihm über 80 Personen der polnischen Elite.
Der Samstag begann mit einem Anruf Joannas Mutter, die uns zum Aufstehen brachte.
Das Radio war dann unser ständiger Begleiter und hielt uns auf dem Laufenden. Ok, zugegeben, ich las im Internet die Updates.
Der ganze Tag war uns trüb und grau wie das Toruner Wetter. Am Abend, als es kurz vor dem Eindunkeln war, ging ich in die Altstadt. Ein polnisches, angenehmes Phänomen liess sich beobachten:
Menschen legen bei Statuen, Denkmäler Kerzen und Blumen nieder. Es wird innegehalten zum Beten und an die Opfer zu denken.

Beim Denkmal von Józef Piłsudski hielt auch ich inne und zeige gerne ein Foto vom Ort:


Auch in der Innenstadt am Rathaus war die Bekundung offensichtlich:




Zum aktuellen Anlass, dem Massaker von Katyń, steht auf dem Rathausplatz eine Ausstellung mit vielen Zeitdokumenten und einem alten Eisenbahnwaggon, an den drei Bilder angelehnt sind. In der Mitte der Präsident mit Frau und rechts davon die Liste der Verstorbenen.

Wer gerne noch Näheres zum Vorfall lesen möchte, dem sei der folgende link zu empfehlen: Polen Magazin

(Angenehme Klänge kamen heute von Chopin - Diverses)

Edit:

Ich möchte noch gerne einige Worte zum gestrigen Vorfall schreiben.
Auf vielen Balkonen der Stadt hingen Polenfahnen mit schwarzem Band. Manche, die grösseren, waren auf Halbmast:



Heute um zwölf Uhr gab es zwei Schweigeminuten, ausgerufen durch Sirenen.

Hoffentlich konnte ich zur Verfolgung des Themas beitragen und möchte noch auf einiges Wissenwertes hinweisen:

Während des Zweiten Weltkrieges wurden unter anderem im russischen Katyń Tausende der polnischen Elite hingerichtet. Davon gibt es einen ausführlichen Bericht unter www.h-ref und www.dieterwunderlich.de.
Vor wenigen Jahren kam ein Spielfilm ins, leider nicht schweizerische, Kino, der dieses Thema behandelt. Regie führte der weltbekannte, polnische Regisseur Andrzej Wajda. In wenigen Tagen wird in der Schweiz die DVD veröffentlicht.

Wenn Du die Tagesschau von gestern und heute nicht geschaut hast, dann habe ich Dir noch die links dazu mit den Beiträgen:


In den Beiträgen wird sehr gut das polnische Leiden und das grosse Mitgefühl der Bevölkerung gezeigt.

(Editiert mit Moby - Play)

Dienstag, 6. April 2010

Reise, Reise

Letzten Donnerstag um kurz nach 17h befand ich mich in Basel. Auf der unbekannten, hinteren Seite des Bahnhofes wurde ich schon erwartet von Edi, meinem Fahrer für die nächsten Stunden.

Es gibt viele Wege und Möglichkeiten, nach Polen zu gelangen. Spontan fallen Dir sicher Flugzeug und Bus ein, aber es geht noch kreativer.
In den letzten Jahren reiste ich vorzugsweise mit dem Nachtzug im Liegewagen ab Basel oder gezwungenermassen im Reisecar ab Bern. In Betracht zog in auch das Flugzeug, verwarf jedoch diese Idee immer wieder, weil die Flughäfen nicht in der Nähe meines Zieles waren.
Wenn ich also nach Toruń reiste, konnte ich im Car sitzen bleiben und mit dem Zug konnte ich in Kutno umsteigen und war auch innert kurzer Zeit an meinem Ziel.

Für dieses Mal entschied ich mich für eine Mitfahrgelegenheit mit dem Auto.
In einem Forum für Polen in der Schweiz gab es für Ostern genügende Angebote und die Wahl fiel auf Edi. Die Gelegenheit nutzte auch Paweł, ein junger Pole, der auch schon beim Auto auf mich wartete.
Nach kleinen Gepäckverstauungsproblemen fanden wir rasch auf die Autobahn und fuhren gen Norden.
Das Auto als Reisemittel ist als Beifahrer äusserst bequem. Der noch junge Saab bot mir eine schmerzlose Reise, was nicht jeder Car von sich behaupten kann.
Nach Staus und Pausen an abgelegenen Raststätten im deutschen Niemandsland fuhren wir gegen halb drei in der Nacht über die Polnische Grenze mit dem Ziel: der Bahnhof von Wrocław.
Dank einem Kaffee bei einer grossen, amerikanischen Kette fand ich genügend Kraft, gegen sechs Uhr Morgens meine Fahrkarte zu kaufen. Doch aufgepasst: Der Schalterschluss fiel natürlich auf mich und morgens ist mein bescheidenes Polnisch noch nicht so frisch. Aber an der wild gestikulierenden Fahrkartenverkäuferin ablesend, verstand ich langsam, ich sollte mich wohl an einen anderen Schalter wenden. Erraten, getan, hielt ich bald darauf mein Fahrdokument in den Händen.
Die Fahrt in der ersten Klasse war wunderbar. Draussen regnete der Regen mit dem Schnee um die Wette, der weiche Sessel wollte meinen Schlaf erzwingen und das ruckeln des Zuges tat seiniges nur noch dazu.
Gut das ich nicht wusste, dass Minuten später ein Fahrleitungsschaden den Bahnverkehr im Bahnhof Wrocław weitgehend unterbrach.
Weitab von solchen Gedanken fand ich mich nach langen sieben Stunden Fahrt am Bahnhof von Olsztyn und nach einem weiteren Umsteigen und einer kurzen Fahrt im Schienenbus wurde ich in Wipsowo mit dem Auto abgeholt.
Sehr bald darauf war ich am Ende meiner langen Reise in Jeziorany und durfte mich so richtig erholen.

Die Neuentdeckung einer weiteren Möglichkeit für die Reise nach Polen entpuppte sich als Glückstreffer. Da ich sehr gerne Beifahrer bin und die Reise somit geniessen konnte, eröffnete mir eine neue, angenehme Art des Reisens für die weiteren Male.
Das Organisieren erfordert schon etwas Fingerspitzengefühl wie auch das endgültige Suchen und Aufeinandertreffen mit der gesuchten Person.


(Mit dabei: Hooverphonic - Sit Down and Listen to... und Scala & Kolacny Brothers - It all Leads to this)